Bericht des Vorsitzenden zur Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag am 25. Januar 2022

 

1. Die politische Lage in Deutschland

Transatlantischer Schulterschluss und Solidarität mit der Ukraine.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt die intensiven Bemühungen der US-Administration und der NATO für eine starke gemeinsame Antwort auf Russlands aggressives Verhalten. Für uns ist klar, dass die territoriale Integrität der Ukraine nicht verhandelbar ist. Die Uneinigkeit und das Zögern der Ampel-Koalition z.B. bei Unterstützungsleistungen für die Ukraine zur Selbstverteidigung dürfen das Verhältnis zu unseren Bündnispartnern nicht weiter belasten. Die SPD ist in der Frage des Verhältnisses zu Moskau gespalten und das erweist sich jetzt als Problem. Deutschland sollte im engen transatlantischen Schulterschluss eine tragende Rolle in der NATO anstreben und seinen Worten auch Taten folgen lassen. Unsere außenpolitische Glaubwürdigkeit hängt davon ab.

Unser Einsatz für verfassungskonforme öffentliche Haushalte.

Die Ampel-Koalition setzt auch Deutschlands haushaltspolitische Glaubwürdigkeit leichtfertig aufs Spiel. Diese Woche soll der Nachtragshaushalt verabschiedet werden. Mit zweckgebundenen Kreditermächtigungen aus der Corona-Pandemie sollen teure Ampel-Versprechen finanziert werden. Solide, seriös und nachhaltig geht anders. Viele Gespräche mit Verfassungsrechtlern haben uns in der Ansicht gestärkt: Dieser Nachtragshaushalt ist nicht verfassungsgemäß. Deshalb werden wir uns im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle beim Bundesverfassungsgericht für unsere haushaltspolitischen Überzeugungen einsetzen, damit auch künftige Generationen finanzielle Spielräume haben.

Eklatante Führungsschwäche der Bundesregierung in Pandemie.

„Nichts Genaues weiß man nicht.“ - So könnte das Motto der Ampel-Koalition lauten. Deutschland leidet unter der sogenannten Omikron-Welle. Die Infektionszahlen erreichen deutschlandweit immer neue Höchststände. Nur die Impfung bewahrt uns vor noch bedrohlicheren Zahlen auf Deutschlands Intensivstationen. In einem solchen Moment wäre politische Führung gefordert. Wir brauchen jetzt endlich Klartext bei Impfkampagne, Impfpflicht und Impfregister.

 

2. Die Woche im Parlament

2.1. Initiativen unserer CDU/CSU-Fraktion

Die deutsche G7-Präsidentschaft nutzen – in schwierigen Zeiten Führung zeigen. Deutschland hat am 1. Januar 2022 die G7-Präsidentschaft übernommen. Die Erwartungen an Deutschland, sich aktiv und mit dem gesamten Instrumentenkasten – diplomatisch, humanitär, entwicklungspolitisch und militärisch – einzubringen und Fortschritte auf Basis der Beschlüsse des letzten G7-Gipfels in Cornwall zu erreichen, ist stetig gestiegen. Mit diesem Antrag richten wir mehrere notwendige Forderungen an die neue Bundesregierung: Die bevorstehende G7-Präsidentschaft muss genutzt werden, um die G7 als Zusammenschluss demokratischer Staaten gegenüber den Anfeindungen und Angriffen autoritärer Staaten und Ideologien zu stärken. Wir erwarten von der Ampel, dass sie die G7 als Kern einer weltweiten „Allianz der Demokratien“ ausbaut und in diesem Sinne an die erfolgreiche G7-Präsidentschaft des Vereinigten Königreichs anknüpft.

Vermarktung regionaler Lebensmittel stärken – Agrarexporte ausbauen. Die Land- und Ernährungswirtschaft in Deutschland erzeugt eine Bruttowertschöpfung von rund 194 Milliarden Euro im Jahr. Allein ein Drittel der Gesamtproduktion der deutschen Landwirtschaft – in der Regel verarbeitete und veredelte Nahrungsmittel und Ernährungsgüter – wird exportiert. 75 Prozent der Exporte gehen in EU-Mitgliedstaaten. Mit diesem Antrag richten wir konkrete Forderungen an die Bundesregierung, um den Absatz regionaler Agrargüter zu steigern, Agrarexporte zu stärken und die Exportmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen auszubauen. Es soll eine nationale Agrar-Marketingagentur geschaffen werden. Diese soll die heimische regionale Agrarwirtschaft im In- und Ausland noch bekannter machen, Agrarmarketingagenturen der Bundesländer unterstützen und die Leistungen der Land-, Ernährungs- und Forstwirtschaft in Deutschland öffentlichkeitswirksam darstellen. Zudem soll der Agrarexport als wichtige Säule der Agrarwirtschaft anerkannt und unterstützt werden.

Saatgutvielfalt als Grundlage einer ausreichenden Welternährung sichern. Mit weiterem Wachstum der Weltbevölkerung und unter den Bedingungen des Klimawandels gewinnt die Frage an Bedeutung, wie auch in Zukunft in ausreichendem Maße gesunde Nahrungsmittel nachhaltig produziert werden können. Bereits heute haben weltweit etwa drei Milliarden Menschen keinen Zugang zu gesunder Ernährung. Eine entscheidende Rolle bei der Bewahrung der biologischen Vielfalt des Saatguts und der unterschiedlichen Nutzpflanzen spielt der „Globale Treuhandfonds für Nutzpflanzenvielfalt“ (Global Crop Diversity Trust – GCDT). Der 2004 gegründete GCDT ist heute in Bonn ansässig und als Stiftung internationalen Rechts organisiert. Mit unserem Antrag verfolgen wir das Ziel, den GCDT zu stärken und eine bessere Unterstützung dieses wichtigen Projekts durch die Bundesregierung sicherzustellen.

2.2. Sonstige Tagesordnungspunkte

Gesetz über die Feststellung eines Zweiten Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2021 (Zweites Nachtragshaushaltsgesetz 2021). In zweiter und dritter Lesung beraten wir über den Vorschlag der Ampelkoalition für einen zweiten Nachtragshaushalt 2021. Die Koalition transferiert 60 Mrd. EUR an nicht genutzten Kreditermächtigungen aus dem Jahr 2021 in den Energie- und Klimafonds (EKF). Anstatt geringere Schulden zu machen, schafft sie sich damit einen Ausgabenpuffer für die nächsten Jahre. Dieser Trick dient einzig der Geldbeschaffung; die Haushaltsmittel sollen für die nächsten Jahre kurzfristig geparkt und bei Bedarf verfügbar gemacht werden. Ziel der Ampel ist es, die Schuldenregeln des Grundgesetzes zu umgehen: Mittelabflüsse aus dem EKF werden zukünftig nicht mehr auf die für die Schuldenbremse relevante Kreditaufnahme angerechnet. Durch diese kreditfinanzierte Rücklagenbildung werden haushaltsverfassungsrechtliche Grundsätze wie das Jährlichkeitsprinzip, das Wirtschaftlichkeitsgebot und die Haushaltsklarheit und -wahrheit in Frage gestellt.

Beschluss des Deutschen Bundestages gemäß Artikel 115 Absatz 2 Satz 6 und 7 des Grundgesetzes. Der Zweite Nachtragshaushalt 2021 sieht eine unveränderte Nettokreditaufnahme von 240,2 Mrd. Euro vor – bei teilweiser Umleitung nicht genutzter Kreditermächtigungen. Nach der Normalregelung der Schuldenbremse des Grundgesetzes wäre im Jahr 2021 allerdings nur eine maximale Nettokreditaufnahme von 31,3 Mrd. Euro zulässig. Damit kommt es im Jahr 2021 zu einer Überschreitung der Regelgrenze nach Art. 115 Abs. 2 und 3 des Grundgesetzes um rund 208,9 Mrd. Euro. Aus diesem Grund muss der Deutsche Bundestag erneut mit Kanzlermehrheit die Ausnahme von der Schuldenbremse gemäß Art. 115 Abs. 2 Satz 6 und 7 GG beschließen.

Einsetzung des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung. Wir beschließen die Einsetzung des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung, der sich aus Abgeordneten aller Fraktionen zusammensetzt. Der Parlamentarische Beirat hat die Aufgabe, Politik für kommende Generationen zu strukturieren, die nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung parlamentarisch zu begleiten und Impulse in der Nachhaltigkeitsdebatte zu geben. Er kann sich an der Beratung von Gesetzentwürfen und anderen Vorlagen durch Gutachten beteiligen und verlangen, dass ein Mitglied der Bundesregierung an seinen Beratungen teilnimmt.

Jahreswirtschaftsbericht 2021. Wir debattieren den Jahreswirtschaftsbericht, den Bundeswirtschaftsminister Habeck im Bundestag vorstellt. In der Wirtschaftspolitik sind derzeit sowohl aktuelle, kurzfristige Herausforderungen (z.B. hohe Energiepreise, gestörte Lieferketten) als auch strukturelle Herausforderungen (z.B. Digitalisierung, Klimaschutz) zu bewältigen. Nur so können wir nachhaltiges Wachstum sichern. Die Konjunktur- und Inflationszahlen entwickeln sich derzeit weiter nachteilig. Es bleibt abzuwarten, inwieweit der erste Jahreswirtschaftsbericht der neuen Bundesregierung hier ausreichend Antworten gibt. Bisher stehen für das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz insbesondere die Klima- und Energiepolitik im Mittelpunkt. Es braucht darüber hinaus zügig neue wirtschaftspolitische Impulse für einen „Neustart“ der Wirtschaft nach Corona und einen anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung. Insbesondere sollten dabei Unternehmen – vor allem des Mittelstands – gezielt entlastet werden.

Wir befassen uns abschließend mit der Verlängerung des Mandats für den Irak-Einsatz der Bundewehr (Anti-IS). Wir unterstützen die Fortsetzung dieses wichtigen Einsatzes, um die Stabilisierung im Irak zu sichern, ein Wiedererstarken des IS verhindern und Versöhnung in Irak zu fördern. Ziel des deutschen Engagements im Irak ist es, durch einen vernetzten Ansatz zu einer umfassenden und nachhaltigen Stabilisierung der Region beizutragen. Der deutsche militärische Beitrag dient dazu – in Ergänzung des deutschen und internationalen Stabilisierungsengagements – Erreichtes abzusichern, Fortschritte auszubauen und Rückschritte insbesondere im Kampf gegen den IS zu verhindern. Auch wenn wir kritisieren, dass Syrien aus dem Einsatzgebiet der Bundeswehr herausgenommen wird, stimmen wir dem Mandat zu. Das Mandat soll bis zum 31. Oktober 2022 verlängert werden, die personelle Höchstgrenze verbleibt bei 500 Soldaten.

 

3. Daten und Fakten

Vor 80 Jahren: Die Wannsee-Konferenz. Am 20. Januar 1942 trafen sich hochrangige Vertreter des nationalsozialistischen Regimes in einer Villa am Berliner Wannsee. Ziel der Konferenz war, zu koordinieren, wie die Ermordung der europäischen Juden auf Behördenebene möglichst effizient umgesetzt werden sollte. Das systematische Morden war zu diesem Zeitpunkt bereits von den Nationalsozialisten beschlossen und in vollem Gange. In der historischen Villa mit der Adresse Am Großen Wannsee 56-58 befindet sich heute die Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz. Sie bietet Führungen, Seminare und weitere Bildungsangebote an. (Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung: https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/240926/wannseekonferenz; Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz: https://www.ghwk.de/de/)

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